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Zeitenwende im Tourismus: The Next Generation.
Zukunft zu denken, bedeutet kritisch zu sein, Bestehendes zu hinterfragen. Und dabei all jenes, was sich nicht oder nicht optimal bewährt hat, weiterzuentwickeln oder es gänzlich neu zu denken – einen anderen Weg zu finden, der mitunter einfacher zum selben oder noch besseren Ziel führt. Doch etwas neu zu machen, bedeutet vor allem eines nicht: Altem einfach eine Maske aufzusetzen und nur die Oberfläche zu verändern.
Wie soll sie also sein, unsere neue Zukunft? Was sind unsere Ziele? Nicht nur die persönlichen, sondern: Was ist unser größter, gemeinsamer Nenner? Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, die Sustainable Development Goals (SDG), sind dieser Nenner. Zusammengefasst sind sie in der Agenda 2030, womit gleichzeitig der Zeitraum für ihre Umsetzung vorgegeben ist. Und es sind eben nicht nur Ziele, die Tiroler, Österreicher oder Europäer betreffen, sondern all- und jeden umfassende.
Um neue Ziele anzugehen und umzusetzen, braucht es den Gemeinsinn möglichst vieler, im ersten Schritt aber Einzelne, die vorangehen, vorleben, anleiten. In diesem Kontext bekommt „Führung“ eine neue Bedeutung, die schon länger existiert und leider noch selten gelebte Praxis ist.
Systemische, oder auch „dienende Führung“ läuft dem bisherigen Selbstverständnis so mancher touristischer Strukturen zuwider – nicht, weil sie so sein müssen, sondern weil sie sich so entwickelt haben. Patriarchal, hierarchisch, deterministisch – absolut. Dienende Führung setzt auf Gemeinsamkeit, ist zirkulär, multiperspektivisch und ressourcenorientiert. Sieht den Einzelnen als Teil des Gesamten – und nur das Gesamte kann gewinnen, kann nachhaltig funktionieren und einen lebendigen, sich selbst nährenden Organismus bilden. Jeder ist Teil eines Netzwerks, und dieses Netzwerk umspannt im optimalen Fall nicht nur einzelne Betriebe oder Unternehmen, sondern gesamte Strukturen.
Ein „Zurück zur Normalität“ schreibt keine Zukunft, sondern lediglich die Vergangenheit in gewohnter Manier weiter und kann auf altbekannte Herausforderungen keine neuen Lösungen bieten.
Dabei stellt sich zudem eine entscheidende Frage: Wollen wir überhaupt gleich weiterwirtschaften wie bisher? Müssen wir das? Liegen viele der heutigen Probleme nicht genau darin, dass wir einen Weg gehen, der im besten Fall mühsam, im schlechtesten schon lange nicht mehr zielführend ist?
- Stichwort Nachfolgeproblematik: Müssen nachfolgende Generationen das Hotel im selben Stil weiterführen wie ihre Eltern?
- Stichwort Fachkräftemangel: Ist dieser vielleicht nicht ein Problem des Tourismus an sich, sondern die Ursache seiner traditionell geprägten Strukturen?
- Stichworte Ökologie und Ökonomie: in unserer Wahrnehmung zwei getrennte Welten – wie könnte man diese auf eine ganz neue Art und Weise miteinander verbinden?
Wie können wir aus der Krise heraus die historische Chance nutzen, um den Tourismus in Tirol zukunftsorientiert und technologiefreundlich aufzustellen?
Wir haben die Ebene der gemeinsamen Leitlinien, in unserem Fall die Sustainable Development Goals. Und die Ebene der neuen Art des Zusammenarbeitens, ein neues Führungsverhalten, das nicht auf einer in vielen familiären Strukturen gelebten Vererbung der Führungsrolle, sondern auf tatsächlicher Führungskompetenz beruht. Fehlt noch Vernetzung auf der dritten Ebene, jener, die genau zwischen diesem kleinsten und größten Nenner liegt. Ein digitales „Nervensystem“: In diesem liegt das verbindende Element für einen modern organisierten Tourismus.
In diesem „Neuronalen Tourismus Netzwerk“ wird dienende Führung zu einer Grundvoraussetzung und zwar auf allen Ebenen im Tourismus – vom kleinsten Beherbergungs-Betrieb bis hin zu Tourismusorganisationen. Weiters: Ein gezieltes und bewusstes De-Marketing ist – als logische Konsequenz einer Ausrichtung an den Nachhaltigkeitszielen – ein wesentlicher Zug. Und ja: De-Marketing erfordert Mut – nein zu sagen zu Ballermann-Tourismus, Overtourism gegenzusteuern, Umweltbelastungen durch Individualverkehr zu vermeiden, Ressourcenverbrauch zu reduzieren, Food Waste zu verhindern etc. Nein zu dem, was zukünftig nicht mehr so gut funktionieren wird. Nicht mehr Konkurrenz belebt das Geschäft, sondern mehr Kooperation.
In seinem Wesen funktioniert dieses „Neuronale Tourismus Netzwerk“ wie ein Nervensystem: Jeder Knotenpunkt darin empfängt, verarbeitet und sendet Informationen. Dieses System bringt den Tourismus in Resonanz zueinander und untereinander und sichert dadurch die regionale Wertschöpfung:
- Vorhandene Ressourcen können besser genutzt werden, da man auf gemeinschaftlich entwickelte, digitale Lösungen setzen kann.
- Mitarbeiter-Sharing eröffnet Betrieben die Möglichkeit, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
- Investitionen in Erlebnisse und daraus resultierende neue Geschäftsmodelle schaffen Mehr-Wert und Sinn gleichermaßen für Gäste, Gastgeber und Einheimische.
Text: Christian Fohrmann / Sonja Niederbrunner (storylines.at)
Fotos: Fohrmann, Pexels